50 Jahre DHB-Pokal - Das Magazin

DAS SIEGER-GEN DES HANDBALLERS HEINER BRAND

DAS POKALJAHR 1980 - DAS FINALSPIEL DER DÖRFER

balls. Aber der Mann, der als Spieler und als Trainer Weltmeister werden soll- te, verkörperte wie kein anderer den Willen, ein solches Endspiel auch zu gewinnen. Jedenfalls zogen die Blau- Weißen aus Gummersbach das Spiel durch und gewannen mit 16:14 Toren (Halbzeit 6:6) gegen die Mittelhessen vom TV Hüttenberg. Sein Team sei an derartige Drucksituationen gewöhnt

Die Beziehung der Handball-Legende Heiner Brand zum DHB-Pokalwettbe- werb ist eine ganz besondere - wann immer Brand mit dem VfL Gummers- bach das Finale um den DHB-Pokal er- reichte, holte er auch den Titel. Schon in seiner Zeit als aktiver Spieler wuchs der Stellenwert des noch jungen Wett- bewerbs, den es seit 1975 gibt. Heiner Brand war ernüchtert, als er am

dass die Dörfer über den deutschen und internationalen Hallenhandball herrschten. Nicht die Clubs aus den größeren Städten Deutschlands sei- en der Nabel der Welt, resümierte das Nachrichtenmagazin Der SPIEGEL, sondern Vereine, die in Großwallstadt, Dankersen, Nettelstedt oder Hofweier Handball spielten. Die Orte waren so unbekannt, dass sich die Fernseh-Sender etwas überlegen mussten. „Einmal zeigte das ZDF, als wir im Europapokalendspiel standen, eine deutsche Landkarte und bezeich- nete uns als Gallisches Dorf“, erinnert sich TVG-Weltmeister von 1978 Klüh- spies. „Weil ja niemand wusste, wo die- ses Großwallstadt liegt.“ Aber woher sollte man diesen Ort mit nur 3.500 Einwohnern, der nur eine Hauptstraße besaß, auch kennen? Net- telstedt, das Dorf im Ostwestfälischen, war noch kleiner. Und wo lag dieses seltsame Hofweier, dessen TuS mit Ar- nulf Meffle und Arno Ehret ebenfalls zwei Weltmeister von 1978 hervorge- bracht hatte? Der Bundestrainer immerhin hatte eine Erklärung. „Ablenkung auf dem Dorf ist nicht so groß wie in der Stadt, wo es zu viele Diskotheken, zu viele Journa- listen, zu viele falsche Freunde gibt“, sagte Vlado Stenzel. Tatsächlich hatte die Beliebtheit des Handballs auf dem Land historische Gründe. Denn dort waren die Turnvereine von jeher stark. Und die hatten in den 1920er Jahren den Handball, das 1917 als Turnspiel erfunden worden war, in ihren Vereinen popularisiert, um die Ju- gend nicht an den Fußball zu verlieren. Jimmy Waltke, der beim TV Hille das Handballspielen gelernt hatte, nahe Dankersen und Nettelstedt, hätte in- des liebend gern gekickt. „Aber hier gab es nur Handball.“ „Die Handballmacht war auf dem Dorf“, bringt Kurt Klühspies die damaligen Verhältnisse auf den Punkt. Und das war auch ein Jahr nach dem Finale der Dörfer noch so. 1981 siegte der TuS Nettelstedt erstmals im DHB-Pokal, in zwei Finalspielen gegen den VfL Günz- burg.

wieder gegen den TV Hüttenberg (14:11), diesmal in Gießen vor ausver- kauftem Haus (3.000 Fans). Dabei hat- te der VfL, wie Brand zuvor angemerkt hatte, den Pokalwettbewerb nur „so mitlaufen lassen“. Und auch in den Jah- ren 1982 (18:19 und 18:12 gegen Groß- wallstadt) und 1983 (14:15 und 23:16 gegen Essen) siegte der Mann mit dem Sieger-Gen – eine Wortschöpfung, die indes erst später geläufig wurde. Selbst am fünften Pokalsieg des VfL im Jahre 1985 war Brand als Co-Trainer beteiligt. Als Chefcoach konnte er den DHB- Pokal ebenfalls einmal in die Höhe stemmen, das war 1993 mit der SG Wallau-Massenheim, im neuen Format in der Frankfurter Ballsporthalle. „Erst mit diesen Final Four-Turnieren war die Aufmerksamkeit für den DHB-Pokal größer geworden“, sagt der 72-Jähri- ge, der als Spieler also ein veritables Kunststück der deutschen Handball- geschichte schuf: Er gewann jedes verdammte nationale Endspiel, in dem er stand. Selbst dann, wenn die Kulis- se nicht zur Motivation beitrug, so wie an jenem tristen Tag 1977 in der Dort- munder Westfalenhalle.

Heiner Brand und die leere Halle

Kurt Klühspies mit Trainer Felix-Rüdiger Schmacke nach dem DHB-Pokalsieg 1980

10. Juni 1977 das Spielfeld der West- falenhalle betrat. Dortmund: Damit assoziierte der Abwehrchef des VfL Gummersbach eigentlich rauschende Handballfeste, im Europapokal war er hier schon von 13.000 Fans gefeiert worden. Nun sah er auf leere Sitzscha- len. Nur 1.800 Fans verloren sich im riesigen Rund. Dabei ging es um einen Titel, der VfL Gummersbach stritt mit dem TV Hüt- tenberg um den Titel des Pokalsiegers 1977. „Aber der Wettbewerb hatte da- mals noch nicht die große Bedeutung“, erinnert sich Brand. VfL-Manager Eu- gen Haas nahm ihn aber wichtig: „Das ist unsere große Chance, doch wieder ins große internationale Geschäft ein- steigen zu können.“ Motiviert waren Joachim Deckarm, Er- hard Wunderlich & Co. trotz der gäh- nenden Leere auf den Rängen. „Es war ein Finale. Und das war immer eine be- sondere Herausforderung“, sagt Brand. Das klingt nach einer Floskel des Hand-

gewesen, sagt Brand. Seitdem er sich 1972 einen Stammplatz beim VfL er- kämpft hatte, hatte er sämtliche End- spiele um die Deutsche Meisterschaft gewonnen, viermal in Folge, von 1973 bis 1976. „Wir wussten, was man dann zu tun hatte“, brummt Brand. Im folgenden Jahr 1978 verteidigte Brand mit dem VfL die Silbertrophäe,

Im Endspiel des DHB-Pokals 1980 du- ellierten sich der TV Großwallstadt und der TuS Nettelstedt – zwei Dorfverei- ne. Woher rührte die ländliche Domi- nanz? Der DHB-Pokal? Ja, sagt Kurt Klühspies lakonisch, „den haben wir 1980 noch so mitgenommen“. Die Saison war schließlich lang für seinen TV Groß- wallstadt, der mit vier Weltmeistern aus dem Jahr 1978 auflief. Die Mainfranken waren zum dritten Mal in Folge Deutscher Meister geworden. Und den Europapokal der Landesmeis- ter und den europäischen Supercup hatten sie ebenfalls schon gewon- nen, bevor sie sich am 17. Mai 1980 in der Sporthalle Gießen-Ost vor 2.500 Fans erstmals den nationalen Pokal schnappten. Der Sieg war den Favoriten nicht ge- schenkt worden. Erst als Jimmy Waltke 23 Sekunden vor Schluss an Manfred Hofmann scheiterte, den „Hexer“ im Tor der Großwallstädter, und im Gegen-

zug Peter Fischer zum 17:15 (9:8) -End- stand gegen den TuS Nettelstedt traf, hatte das Team von Trainer Felix-Rüdi- ger Schmacke den vierten Titel in der Saison perfekt gemacht: ein Novum in der deutschen Handballgeschichte. Ein großes Thema war das nicht. Statt- dessen wunderten sich die Beobachter,

Kurt Klühspies beim Sprungwurf im Spiel gegen den TuS Nettelstedt

Heiner Brand und Co. nach dem DHB-Pokalsieg 1983

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