50 Jahre DHB-Pokal - Das Magazin

LIDL FINAL4 2025: DIE LAST DER GESCHICHTE DER RHEIN-NECKAR LÖWEN

Die Triumphe 2018 und 2023 verän- derten das Image des Clubs nachhaltig, dass Pokaltrauma war endgültig vom Tisch. Der Erlösung folgten dicke Tränen. Andy Schmid, der sonst so lässige Regisseur der Rhein-Neckar Löwen, konnte seine Rührung nicht verbergen, als sein Team beim Final4-Turnier 2018 den SC Mag- deburg klar mit 31:24-Toren besiegt hatte. Dabei lag erst das Halbfinale hinter dem Schweizer. „Das war alles sehr emotional für mich“, berichtete der Leader. „Ich wusste ja bislang nicht, wie es ist, hier ein Spiel zu gewinnen.“ Es war ein Gefühlsausbruch, den man eigentlich erst nach einem Titelgewinn beobachtet. In diesem Fall verdeutlichte er, wie tief das Pokal-Trauma in den Seelen der Löwen-Profis schlummerte. Schmid selbst hatte zuvor fünf Niederlagen im Pokalhalbfinale ertragen müssen, stets gegen die SG Flensburg-Handewitt, und insgesamt waren die Löwen zehn- mal frustriert in die Heimat gereist. „Die mit Abstand größte Herausforde- rung ist unsere Geschichte“, hatte da- her ihr Trainer Nikolaj Jacobsen vor dem Final4 2018 erklärt. Als das Team um Schmid, gestartet

der Club eben von TSV Kronau-Ös- tringen in Rhein Neckar-Löwen um- benannt. „Zwei Flüsse und ein wildes Tier“, formulierte die Süddeutsche Zeitung schmissig, aber die Namens- änderung war nicht trivial. Es ging da- rum, die starke Fanbasis der „Kröstis“, wie sie vorher abgekürzt wurden, beim Umzug in die riesige SAP-Arena nach Mannheim nicht zu verlieren. Nicht wenige hatten Vorbehalte. Die Löwen galten als Kunstprodukt ohne Tradition und als der dänische Mäzen Jesper Nielsen einstieg und mit Geld um sich warf, wurde der Ruf nicht bes- ser. Es war der DHB-Pokal, der in dieser Phase einen Imagewandel einläutete. Die Niederlagen-Serie in Hamburg, die mit dem knapp verlorenen Endspiel 2006 gegen den HSV (25:26) begonnen hatte, ließ die eigenen Fans noch enger zusammenrücken. Mit dem Pokalsieg im Jahr 2018 ver- arbeiteten die Löwen also nicht nur ihr Pokaltrauma. Sie entledigten sich auch endgültig ihres Retorten-Images. Und auch beim zweiten dramatischen Pokalsieg im Jahr 2023 in Köln, der erst im Siebenmeterwerfen zustande kam, rührten Groetzki, Gensheimer & Co. ihre Fans zu leidenschaftlichen Tränen.

LIDL FINAL4 2025: THW KIEL - DER REKORDPOKALSIEGER

Andy Schmids Jubel nach dem Pokalsieg 2018

als Topfavorit, am folgenden Tag auch die TSV Hannover-Burgdorf mit einem recht souveränen 30:26-Sieg nieder- rang, flossen wieder die Tränen. End - lich hatten sie den Fluch der Pokal- geschichte besiegt und hatten sich eingetragen in die Siegerliste. Nach den Meistertiteln von 2016 und 2017 war das ein weiterer Markstein in der Löwen-Historie. „Die Leidenschaft musste erst erlernt werden“, so sieht es heute Thorsten Storm, der frühere Löwen-Manager. Als Storm, der Norddeutsche, am 1. Juli 2007 nach Mannheim kam, hatte sich

Zwölfmal bereits hat der THW Kiel den DHB-Pokal gewonnen – stets bei Fi- nal4-Turnieren. Auch ist ein Kieler der Rekordspieler in diesem Wettbewerb. Ginge es allein um die Statistik in der fünfzigjährigen Geschichte des DHB- Pokals, gäbe es 2025 nur einen logi- schen Sieger: den THW Kiel. Kein Club gewann so oft diesen Wettbewerb wie die „Zebras“, mit zwölf Siegen führen sie deutlich vor dem VfL Gummersbach (5). Und auch bei der Siegquote in den Endspielen (80 Prozent) kann nur der TBV Lemgo Lippe mithalten. Zugleich weist die Pokalstatistik des THW Kiel eine Vielzahl von Besonder- heiten auf. So liefen die Norddeut- schen dem ersten Triumph sehr lange hinterher. Aber als sie erstmals siegten, 1998 im Finale gegen den TV Nieder-

würzbach, feierten sie gleich den bis heute höchsten Sieg in der Geschichte der Pokalendspiele (30:15). Zudem ließ das Team von Noka Serdarusic der Pre- miere bis 2000 einen Pokal-Hattrick folgen. Auch die Siege Nummer Vier bis Sechs (2007 bis 2009) und Sieben bis Neun erfolgten in Serie (2011 bis 2013). Eine weitere Auffälligkeit ist, dass der THW bei seinen ersten acht Pokalsie- gen stets auch das „Double“ aus Pokal und Meisterschaft holte. Mit den Sie- gen im DHB-Pokal 2007 und 2012 läu- tete der THW zwei historische „Triple“ aus Pokal, Meisterschaft und Cham- pions League ein. Sämtliche Pokal-Ti- tel gewann der THW in Hamburg. Köln wäre also eine Premiere. Lieblingsgegner der Kieler beim Fi- nal4 war die SG Flensburg-Handewitt,

der sie 2005 zwar im Finale unterla- gen (31:33), aber danach vier Mal im Endspiel stets besiegten, davon 2011 bis 2013 dreimal in Folge. Weniger er- folgreich: die Auftritte gegen den TBV Lemgo Lippe, gegen den der THW beim Final4 dreimal verlor, zuletzt 2021 spektakulär in Hamburg. Zwei der siegreichen THW-Coaches hatten bereits als Spieler den Pokal ge- wonnen: Alfred Gislason, der Kiel sechs Mal (2009, 2011-2013, 2017, 2022) zum Triumph führte, hatte als Profi mit Tu - SEM Essen 1988 den Pokal geholt. Der aktuelle Coach Filip Jicha hatte als Spieler fünf Titel gesammelt (2008, 2009, 2011-2013), bevor er 2019 als Co- und 2022 als Chef-Trainer erst- mals erfolgreich war. Angesichts der Siegesserien der Kie- ler ist es kaum verwunderlich, dass auch ein Kieler Profi die meisten Titel in diesem Wettbewerb holte. Der Links- händer Christian Zeitz siegte 2007 erstmals im Pokal, als der THW die SG Kronau-Östringen mit 33:31-Toren be- siegte. „Natürlich war das knapp, aber solange der THW gewinnt, ist das in Ordnung“, kommentierte er das ge- wohnt lakonisch. Danach durfte „Zeit- zi“ noch sechs weitere Mal den „Pott“ in die Höhe heben (2008, 2009, 2011- 2013 und 2017). Seine Teamkollegen Marcus Ahlm, Thierry Omeyer und Do- minik Klein schafften das sechs Mal.

Sie feiern den Pokalsieg 2023

Gislasson und Jicha nach dem Pokalsieg 2019

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